Philosophie und Literatur

Die Spannung zwischen Philosophie und Literatur ist in Hinsicht auf die ursprüngliche Frage nach dem ‚gelungenen, guten und erfüllenden Leben‘ von der Antike bis zur Gegenwart spürbar. 1 

1) Zu den Annäherungen der beiden Unternehmen siehe Ursula Wolf: Jenes Tages bleibender Umriß. Eine philosophische Lektüre von Handkes Versuchstrilogie. In: Ludwig Nagl und Hugh J. Silverman (Hrsg.): Textualität der Philosophie. Philosophie und Literatur. Wien, München: Oldenbourg 1994. (= Wiener Reihe. Bd. 7.) S. 33-52; hier S. 33ff.
Für die Philosophische Praxis kann genau dieser praktische Aspekt relevant sein, denn besteht die Nützlichkeit von Literatur nicht gerade darin, dass sie keine direkten Anweisungen für ein glückliches Leben des einzelnen und für ein besseres Zusammenleben miteinander geben kann bzw. will, sondern vielmehr Metaräume schafft, die durch einen Handlungssuspens gekennzeichnet sind?
Ermöglichen diese Als-ob-Räume, die das sehende, lesende, hörende und fühlende Subjekt für kurze Zeit von den Zwängen der Wirklichkeit, den Sachzwängen des Alltags befreien, nicht neue Sichtweisen – quasi von außen – auf das eigene Leben?
Und wo liegen überhaupt die wesentlichen inneren Unterschiede zwischen Philosophie und Literatur? Sind philosophische Texte nicht manchmal bestechend literarisch und umgekehrt literarische Texte zeitweise umwerfend philosophisch? 2 
2) Vgl. hierzu Martin Seel: Lob des Systemzwangs. In: Ludwig Nagl und Hugh J. Silverman (Hrsg.): Textualität der Philosophie. Philosophie und Literatur. Wien, München: Oldenbourg 1994. (= Wiener Reihe. Bd. 7.) S. 113-123; hier S. 123: „Philosophie kann auch Literatur sein; keine Literatur aber, kein Text von Dostojewski, Proust oder Musil, ist selbst Philosophie. Der philosophische Text widersteht seinen literarischen Zügen, der literarische Text überwuchert die in ihm enthaltene Philosophie. “

Nur allzu oft jedoch lassen philosophische Texte, in denen es primär um Schlüssigkeit, um Gründe und Erklärungen sowie einen Denkstil geht, die Stimmigkeit, die Schönheit und den Schreibstil literarischer Texte vermissen. 3 

3) Vgl. ebd. S. 119f.                     

Und was kann ein philosophischer Praktiker in diesem Zusammenhang für Sie tun?
Ich kann z. B. gemeinsam mit Ihnen die inspirierende und bereichernde Kraft in philosophischen Texten sichtbar machen und – in Anbetracht der verschwimmenden Grenzen zwischen Philosophie und Literatur – Ihren philosophischen Blick auf literarische Texte schärfen, damit sie schließlich in einem Spiegel der eigenen Lebensgeschichte neue Perspektiven auf die Welt und sich selbst darin entdecken können.


„Das Lesen soll uns frei und mündig machen, und vielen dient es bloß zur Zeitkürzung und zur Erhaltung von dem Zustande einer ewigen Unmündigkeit.“
(Johann Adam Bergk: Die Kunst, Bücher zu lesen)



„Lesen ist wie atmen.“
(Alberto Manguel: Eine Geschichte des Lesens)



„Von den vielen Welten, die der Mensch nicht von der Natur geschenkt bekam, sondern sich aus dem eigenen Geist erschaffen hat, ist die Welt der Bücher die größte.“
(Hermann Hesse)



„Outside a dog, a book is a man’s best friend. Inside a dog, it’s too dark to read.“
(Groucho Marx)



„Homer ist Medizin für den Kreislauf. Die Gedichte des berühmten Griechen beruhigen nicht nur das Gemüt, haben Mediziner in Witten herausgefunden. Der besondere Rhythmus der antiken Strophen wirke auch positiv auf das Zusammenspiel von Herz und Atmung und könne den Blutdruck senken.“
(Die Presse, 07.08.2004)



„Im Theater geht es darum, durch ein Loch in die eigene Biographie zu fallen.“
(George Tabori)



 

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